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AutorenbildDésirée Bethge

Vorläufiges Fazit Corona – Schäden, Scherben, Chancen für Kinder und Eltern

Eines hat sich leider klar herausgestellt und wir merken es ganz deutlich in der Praxis: ungefähr 50 % mehr Erwachsene suchen psychotherapeutische Hilfe nach Auskunft der Psychotherapeutenkammer, 85 % der Kinder klagen über psychische Belastungen laut einer großen Studie des Robert-Koch-Institutes .


Die Zeit der Pandemie hinterlässt nicht nur wirtschaftliche Verheerungen, sondern auch psychische Veränderungen und Schäden bei ganz vielen Menschen – ob alt, ob jung, männlich, weiblich, arm oder ganz gut situiert. Wir gehen hier in diesem Blog mehr auf die Erwachsenen ein, weil die in unsere Praxis kommen.


Die Frage lautet: Wie sind wir damit umgegangen, was uns da abverlangt wurde – und das ist so unterschiedlich wie die Menschen selbst.


Wir wissen: Krisen verstärken generell die Muster, also die Art und Weise, wie wir agieren und reagieren, wie wir bewerten und uns verhalten.


Wer ohnehin dazu neigt, der Welt skeptisch und sorgenvoll zu begegnen, der kann unter solchen Umständen regelrechte Angststörungen entwickeln und bedarf der psychotherapeutischen Unterstützung.


Wer kommunikativ ist, das aber nicht leben kann, lenkt seine Energie

in manchmal auch unheilvoller Weise nach außen oder auch innen, fühlt sich beraubt und leer und kann sowohl aggressive als auch depressive Stimmungen entwickeln.


Wer ohnehin eher der Einzelgänger ist, dem ein bisschen Kontakt am Tag reicht und der keine engeren Bindungen hat, der kann völlig vereinsamen.


Wer zu Wut und Aggression neigt, die möglicherweise im Sport ausagiert werden kann, hat jetzt nur noch seine Familie – diesen „einen Haushalt“ – was unter anderem erklärt, dass häusliche Gewalt zugenommen hat.


Für die Familien mit Kindern war Corona eine besondere Belastung. Wir erleben in der Praxis vor allem viele Menschen, die sich schuldig fühlen – schuldig den Kindern gegenüber, dem Partner oder der

Partnerin gegenüber.

Weil sie es nicht geschafft haben, so freundlich und gelassen und souverän zu sein, wie sie es von sich erwarten – oder wie sie es in der Zeit vor Corona waren. Weil sie den Kindern keinen wirklichen Ausgleich für das bieten konnten, was sonst möglich war. Denn die häusliche Situation musste sich total verändern. Die Kinder gingen nicht in die Schule, sondern bekamen online- Unterricht – wenn sie ihn denn bekamen.


Schon da gab es große Unterschiede – die Kinder, deren Schulen und Lehrer sich auf digital umgestellt hatte und die regelmäßig angesprochen wurden. Was fehlte, war natürlich der soziale Kontakt mit den Mitschülern. Dann gab es leider auch viele Kinder und Jugendliche, die über Monate überhaupt keinen Unterricht hatten, und die völlig allein gelassen waren.


Da mussten dann zum Teil die Lehrer von den Eltern ersetzt werden – wenn die denn im Home-Office oder überhaupt zuhause waren.

Und da musste man feststellen: zuhause ist eben nicht Arbeitsplatz.

Da sind die Kinder, und fordern Aufmerksamkeit, Hilfe und Zuwendung.

Das zu vereinbaren war für viele äußerst schwierig. Viele unserer Patienten sprechen davon, dass sie im Frühjahr dieses Jahres an ihre Grenzen gekommen waren. Und für sie gab’s ja keinen Ausgleich. Kein Restaurantbesuch, kein Treffen mit Freunden, kein Sport. Kein Austausch, keine Möglichkeit, wieder Energie aufzutanken


Dazu kommt oft eine Wohnsituation, in der vieles aufeinanderprallt –

die 3 Zimmer-Wohnung für Vater, Mutter und zwei Kinder fühlt sich dann schon sehr eng an, wenn auf einmal alle zuhause sind. Während sonst die Kinder in der Schule und die Eltern oder ein Elternteil am Arbeitsplatz sind, hocken plötzlich alle aufeinander, und man kann nicht raus, es geht noch nicht mal Sport o.ä. Wenn es dann auch noch finanziell knapp und knapper wird, sind die Konflikte vorprogrammiert.


Medienkonsum – ein Riesenthema. Wenn keiner da ist – wie kann es kontrolliert werden? Wenn die Kinder vernetzt sein müssen – wie kann man es eingrenzen? Und wie kontrollieren – wenn der einzige Sozialkontakt das Chatten mit den Freunden ist? Und wenn einfach nur nach gamen, zocken und daddeln den Tagesablauf bestimmen – was tun? Jetzt, wo wir wieder langsam aus der Krise kommen. Und die ist noch nicht vorbei….


Tatsächlich gab es aber auch interessante positive Erfahrungen, von denen Patienten berichten:

Kinder und Eltern machen etwas miteinander – spielen, backen, kochen, basteln – Dinge, die Kinder in der Kita und mit anderen erlebt haben und die sie oft zum ersten Mal jetzt mit den Eltern machen. Und für die Eltern auch zum Teil wirklich neue Erfahrungen. Sich näherkommen, sich anders kennenlernen, das sind Werte, von denen Patienten erzählen.


Oder auch die Erfahrung, mit Kindern Natur zu erleben – wandern oder wenn vorhanden, im Garten spielen – aber auch pflanzen. Eine Mutter berichtet von ihrer Tochter, 7 Jahre, die ganz stolz ein Beet bepflanzt hat. „Damit wir was zu essen haben“ – sagt die Kleine.


Auch zusammen lernen – wo Geduld und Kenntnisse der Eltern und auch vernünftige digitale Geräte für alle Kinder vorhanden sind. Viele Patienten erzählen auch, dass sie jetzt erst zu schätzen wissen, was die Lehrer leisten. Und sie haben das Gefühl, deutlich mehr von ihrem Kind kennenzulernen.


Das alles nehmen wir auch mit aus der Pandemie. Das gilt es zu bewahren. Auch die Bewältigungsstrategien und das Wissen darum, dass es manchmal Sinn macht, sich psychotherapeutische Unterstützung zu suchen – wenn es denn die Möglichkeit auch für eine Kurzzeittherapie gibt.

Was in der Gesellschaft unbedingt gemacht werden muss – in allen Bereichen:

wir müssen auf die nächste Krise anders und besser vorbereitet sein. Es kann nicht sein, dass Schulen kein digitales Konzept inkl. Hardware und Software unter Beachtung des Datenschutzes haben – das muss gemacht werden. Dafür muss auch Geld da sein. Das betrifft die Gesellschaft, uns alle, als Ganzes.


Klassenzimmer müssen ausreichend belüftet sein – da müssen Fenster eben auch geöffnet werden können – das muss in Angriff genommen werden, wo es noch nicht gegeben ist.


Kinder müssen mit digitalen Endgeräten also Tablets ausgestattet werden können, wenn sie das nicht von zuhause mitbringen – von den Schulen, Gemeinden, welchen Initiativen auch immer.


Internet muss nun wirklich überall verfügbar sein – sonst nützen die schönsten digitalen Konzepte nichts.


Die Krankenkassen müssen unbürokratisch und solidarisch sinnvolle Therapien auch von uns Heilpraktikerinnen bezahlen für alle, die sie brauchen. Die Notlage ist jetzt da und wir sind dafür ausgebildet. Ein Vertrösten auf einen Platz in einem halben Jahr bei einem niedergelassen bzw. approbierten Therapeuten ist einfach nur zynisch.


Zum guten Schluss: wir brauchen ausreichend große Wohnungen für Familien mit Kindern, die bezahlbar sind – da muss die Politik deutlich viel mehr machen, als geplant.


Nach der Pandemie ist vor der Pandemie – lasst uns von dieser Krise das Gute, was wir gelernt haben – Familienzusammenhalt, Natur erleben etc. mitnehmen. Und lasst uns das, wo es so deutlich hakt, ganz schnell nachbessern. Das wird teuer, keine Frage – aber das muss sein!


Désirée Bethge, Silke Balsam-Wefer

P.S. Natürlich sind wir für Sie da – auch kurzfristig!

Termine unter 04121-26 159 56 und 04121-26 159 55

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